Dr. Martin Mühl - Angewandte Philosophie

Die Methode, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen

Vieles, was wir denken und wie wir uns verhalten, passt, wenn wir darüber nachdenken, nur schlecht, manchmal auch gar nicht zusammen. Das ist in der Regel kein Problem, fällt auch gar nicht auf, solange wir zurechtkommen.

Manchmal wird es aber doch zum Problem. Dann geraten wir aus dem Tritt, verlieren die Übersicht, kommen mit einer Situation nicht zurecht oder sind einfach unsicher, wie wir uns verhalten sollen. Die Angewandte Philosophie hilft, solche Hindernisse im eigenen Denken zu erkennen, zu überwinden und neue Perspektiven zu finden.

Das macht sie, indem sie prüft, wie das, was wir denken, mit dem zusammenpasst, was wir tun. Ein zugestandenermaßen nicht einfach zu verstehendes Wort für die Methode dieser Prüfung ist das der Dialektik. Durch sie werden die zu prüfenden Vorstellungen so in Beziehung zueinander gebracht, dass zum Vorschein kommt, wo Vorstellungen im Konflikt miteinander stehen, wie infolgedessen die Lösung aussieht und was Sie für die Lösung tun können.

Die Angewandte Philosophie kann aber auch genutzt werden, ohne dass man in Problemen steckt. Die Unterschiede verschiedener Vorstellungen zu erkennen, kann auch dann hilfreich sein, wenn sie nicht im Handeln behindern. Wir können dann von vornherein verschiedene Perspektiven in unsere Handlungen einbeziehen und differenzierter handeln. So kann die Philosophie zur Begleiterin von persönlichen und institutionellen Prozessen werden.

Ein Beispiel

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer psychologischen Klinik können sehr unterschiedliche Begriffe von der menschlichen Psyche haben, ohne dass ihnen dies selbst klar ist. Sie sprechen dann vom menschlichen Ich, meinen näher betrachtet damit aber Grundverschiedenes – die einen etwas Natürliches, die anderen etwas Soziales. Weil die Vorstellungen das Handeln anleiten, haben auch die Unterschiede unmittelbaren Einfluss auf das Handeln in der Klinik, daher auch auf den Klinikprozess als ganzem.

Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch bisher recht gut zusammenarbeiten, können sie ihre Kooperation und den gemeinsamen psychologischen Prozess der Klinik erheblich intensivieren, wenn sie über ein Verständnis von diesen Unterschieden verfügen. Für die Verbesserung müssen sie sich nicht auf ein gemeinsames Verständnis einigen, aber im Wissen um ihre unterschiedlichen Auffassungen können sie ihr Handeln weit besser aufeinander abstimmen als ohne dieses Wissen.